Flora zu Sprache

Entre nous, Barbara Schibli!

Barbara, wo hast Du Dein Buch geschrieben?
Hauptsächlich in Zürich, einige Teile auch im Engadin und in Berlin. Oft schreibe ich an einem Schreibtisch, denn ich brauche Ruhe dazu. Das Überarbeiten mache ich aber manchmal gerne in Cafés oder irgendwo draussen – das ist dann auch ein Test: Hält das Geschriebene dem Trubel stand?

Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Im Roman «Flechten» geht es um die Auseinandersetzung mit sich selbst und darum, wie dieses Selbst zu anderen finden oder eben auch nicht finden kann. Es geht um eine Frau, die eine Zwillingsschwester hat, die Thematik der Identität zeigt sich in dieser Beziehung zugespitzt, ist aber natürlich bei allen und in jeder Beziehung ein zentrales Thema. Es geht aber auch über das Menschliche hinaus: Wie stehen Gewächse, Tiere, Dinge zueinander, und welche Zumutungen entstehen daraus? Und es geht auch um Wahrnehmung, darum, dass auch Unscheinbares, wie die Flechten, die Protagonistin ist Flechtenforscherin, ins Sichtfeld rückt und plötzlich wichtig wird, einen auch auf sich selbst zurückwerfen kann. Und es geht um Sprache, die um das kreist, was nicht zu fassen, was nicht aussprechbar ist.

Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Ordnungen interessieren mich. Und damit auch die Unordnung. Wie sich Dinge, Menschen und Tiere gruppieren und wieso. Und was passiert, wenn Neues dazukommt.

Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv Deiner Arbeit?
Die Auseinandersetzung zwischen einem Subjekt und seinem Umfeld, seiner Umwelt hat mich schon immer interessiert. Aber das ist ja auch ein sehr grosses Themenfeld, in dem so viele Unterthemen Platz finden, sich unzählige Variationen von diesem Leitthema durchspielen lassen – da kann ich noch das ganze Leben darüber schreiben.

Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Der Text hat mich sehr lange begleitet und natürlich war das manchmal auch schwierig, da fragt man sich schon mal, was tue ich mir da an – aber es hat mich ja niemand gezwungen, und ich hätte (fast) jederzeit damit aufhören können. Aber das wollte ich nicht, und ich sehe jetzt nach dem Abschluss vielleicht klarer denn je, wieso: Es ist ein sehr schönes Gefühl, so lange mit einer Geschichte, mit Figuren verbunden zu sein, an denen ich bis heute das Interesse nicht verloren habe. Denn ich habe auch nach so vielen Jahren noch das Gefühl, ich wüsste noch nicht alles über sie, entdecke selbst immer wieder Neues.

Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buches?
Nein, ich bin gespannt darauf, welche Themen die Leserinnen und Leser herausgreifen und für sich als wichtig erachten. Das interessiert mich und ergibt hoffentlich auch spannende Gespräche.

Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Texte?
Es ist hoffentlich der Anfang von einer Reihe von Romanen, die noch folgen werden. Am zweiten bin ich ja bereits.

Barbara Schibli, «Flechten», Roman, Dörlemann Verlag,
Zürich 2017, geb., 220 Seiten. Erscheint am 6. September.

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