Züge, Zufall
Entre nous, Alan Schweingruber!
Alan, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Etwa zur Hälfte zu Hause am Wohnzimmertisch. Die andere Hälfte in Hotelfoyers, Zügen, Cafés, Restaurants und an Flughafen-Gates. Abwechslung beruhigt mich. Der Duft an den Orten, an denen ich schreibe, ist wichtig. Ich schreibe anders, wenn es beispielsweise nach frisch gekochtem Kaffee riecht.
Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Um das Glück, dass wir Menschen fast immer imstande sind, zu lieben – selbst wenn alles schiefläuft. Simonas Leben gerät auf einmal aus der Bahn. Nichts scheint mehr reparabel. Aber die Reise an die Côte d’Azur hilft ihr, loszulassen. Bezeichnend dabei ist, dass sie die Reise nicht vorsätzlich unternimmt, sondern durch einen Zufall dorthin gerät. Ich denke, dass sich ein Leben fast immer im Positiven verändert, wenn man den Mut hat, etwas hinter sich zu lassen oder abzubrechen. «Simona» lässt sich trotzdem als klassischer Sommerroman lesen.
Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Die Gesellschaft in Bezug auf die Geschwindigkeit, mit der wir durchs Leben gehen. Ich finde es erstaunlich, dass viele ihren gesunden Menschenverstand nicht mehr einsetzen, wenn es um Meinungen zu kleinen oder grossen Geschehnissen in der Welt geht. Statt sich in Ruhe Gedanken zu machen, scheint vielen wichtiger, wie schnell sie reagieren und wie stark sie dabei auftreten.
Sind diese Themen für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Weder noch. Ich glaube, die alten und neuen Themen kommen in uns allen immer wieder mal hoch – je nach Lebenssituation. Aber gerade das Subjektive macht ja einen guten Text aus. Ein Leitmotiv begleitet mich beim Schreiben höchstens unbewusst. Alle Ideen entstehen aus einem Gefühl heraus.
Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Es war mir von Anfang an wichtig, dass jedes Kapitel in meinem Buch spannend und unterhaltsam ist. Dass alle, die mit «Simona» anfangen, in eine Welt eintauchen und sich dabei für ein paar Stunden darin verlieren. Dass sie, wenn sie den Roman zwischendurch weglegen, die Geschichte gedanklich in ihren Alltag mitnehmen und sich auf das nächste Kapitel freuen. In diesem Sinne blicke ich mit einem sehr stimmigen Gefühl auf den Text zurück.
Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an die Rezeption des Buchs?
Nein. Ich könnte mir aber vorstellen, in welche Richtung das geht. Der Terroranschlag von Nizza wird in der Geschichte zwar nur nebenbei erwähnt, ich wollte auf das Thema auf keinen Fall fokussieren. Aber trotzdem steht der Abend des 14. Juli 2016 ein bisschen für das, was Simona in der Geschichte widerfährt: Glück und Unglück liegen sehr nahe beieinander. Ich habe im Sommer 2016 mit Freunden ein Appartement an der Promenade des Anglais bewohnt. Kurz nach unserer Abreise geschah das Attentat. Ich war schockiert. Dieses Thema liess mich nicht mehr los.
Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Texte?
«Simona» ist mein erster Roman und eigentlich nicht zu vergleichen mit den anderen längeren Texten, die ich für Familie und Freunde geschrieben habe. «Simona» steht über allem, was ich bislang literarisch und journalistisch verfasst habe.
Alan Schweingruber, «Simona», Roman, Weissbooks,
Frankfurt/M. 2018, 224 Seiten. Erscheint Anfang Juli 2018.