Pferde und Hunde. Liebe. Tod.
Entre nous, Rolf Lappert! Sieben Fragen an den Autor.
Rolf, wo hast Du Dein neues Buch geschrieben?
Einen Teil davon, vor allem den Prolog, habe ich in einem Hotel in Hamburg geschrieben, im Winter 2011/2012, einem sehr kalten Winter, der die Außenalster zufrieren ließ; ein Ereignis, das nur alle paar Jahre eintritt und das ich selbstverständlich in die Romanhandlung eingeflochten habe. Viele Seiten habe ich auch unterwegs geschrieben, New York war so ein Ort, das meiste aber zu Hause in meinem Arbeitszimmer.
Worum geht es, Deiner Meinung nach, in Deinem Buch?
Auf den ersten Blick um einen Künstler, Lennard Salm, 50 Jahre alt, in einer mittelschweren Sinn- und Lebenskrise. Auf den zweiten Blick um einen an der Schwelle zum letzten Lebensabschnitt stehenden Mann, der sich – nicht ganz freiwillig – mit seiner Familie auseinandersetzen muss und im Verlauf der Geschichte begreift, dass es neben seiner Welt der Kunst, des Reisens und der Beschäftigung mit sich selbst noch eine andere gibt, zum Beispiel die seines gebrechlichen Vaters, und dass es auch um andere Fragen geht als um die, um was es in seiner nächsten künstlerischen Aktion gehen könnte.
Welche Themen, Geschichten, Diskurse interessieren Dich zurzeit grundsätzlich?
Familie. Freundschaft. Unser aller (Zusammen-)Leben. Die Welt. Das Kleine und das Große. Das Private und das Politische. Pferde und Hunde. Liebe. Tod.
Sind sie für Dich neu oder eher ein Leitmotiv in Deiner Arbeit?
Ich denke und hoffe, dass ich viele, viele Leitmotive in meinen Romanen verarbeite, von denen die oben genannten nur einige sind. Ein eher neueres Motiv ist das von Alter und Tod, nicht nur, weil ich bald sechzig Jahre alt bin, sondern auch weil meine Eltern über achtzig sind: Der Gedanke, dass unsere Zeit begrenzt ist, treibt mich stärker um als noch vor zehn, zwanzig Jahren. Ob ich diesen Gedanken in gute Literatur ummünzen kann, ist eine andere Frage.
Mit welchen Gefühlen schaust Du auf die Niederschrift zurück?
Wie auf jede Niederschrift: Mit gemischten Gefühlen. Einerseits bin ich froh, den Roman tatsächlich beendet zu haben, andererseits denke ich, dass ich ihn anders hätte schreiben können, besser. Dann widerspreche ich mir und finde ihn so gelungen, wie es mir möglich war – um Tage später erneut an seiner Qualität zu zweifeln. Der Nutzen dieser Selbstkritik: Ich nehme mir vor, dass der nächste Roman mein bester wird.
Hegst Du bestimmte thematische Erwartungen an seine Rezeption?
Ich erwarte immer drei Dinge von der Kritik: Dass das Buch gelesen wird, jede Seite davon. Dass der Text beurteilt wird, nicht der Autor. Dass der Form, also der Sprache und dem Stil, ebenso viel Gewicht beigelegt wird wie dem Inhalt, der Geschichte. Eine reine Zusammenfassung der Handlung steht im Klappentext, dafür braucht es die Literaturkritik nicht.
Wie würdest Du es einordnen in die Reihe Deiner Bücher?
Ein ganz anderes Buch und doch wieder ein typischer Lappert, was die Sprache, den Stil, den Rhythmus, den Sound, die atmosphärische Dichte betrifft.
Rolf Lappert, «Über den Winter», Roman,
Carl Hanser Verlag, München 2015, geb., 384 Seiten.